Here we go. Tag zwei des Barcamp München steht auf dem Programm und wenn alles gut läuft – und davon gehe ich aus -, dann wird es deluxe.
Session 1: Fragen an die Zukunft des Social Web
Unter Leitung von Maren Martschenko stellen sich die Teilnehmer Fragen an und über die Zukunft des Social Web. Als Neuauflage der 2010er Session gab es nun abseits der unternehmensorientierten „Brauchen wir eine Facebook-Page?“-Überlegungen viel eher Fragen rund um die Entwicklungen des Web selbst: „Wie wird es aussehen?“, „Wohin werden wir uns als User entwickeln?“ oder auch „Welche Sinnhaftigkeit lässt sich beibehalten?“. Der Clou: Maren diktiert die Fragen nicht, sondern lässt diese in der Runde entstehen, wachsen, besprechen.
Und so ist die erste Phase des Panels ein munteres Fragen sammeln, um diese später als Diskussionsgrundlage aufnehmen zu können. Ein Auszug der ersten Gedankengänge:
- Wird es in Zukunft weiterhin die bekannte Profilvielfalt geben oder ein Verschmelzen der privaten wie beruflichen Profile erfolgen?
Wird Facebook unser aller „Social Hub“ oder werden wir nicht vorher Facebook-müde?
Wann wird Social Media abseits von Facebook von der Allgemeinheit genutzt? (bis dahin wird es aber wohl kaum mehr Social Media heißen)
Wird der Datenschutz das Social Web verändern oder verändert das Social Web den Datenschutz?
Und was wird mit dem Urheberrecht geschehen?
…
Das sind, auf den ersten Blick betrachtet, natürlich sehr allgemeine Fragen, die den Einstieg ermöglicht haben. In der Folge kamen aber über 40 Fragen zusammen, die nach und nach einen sehr viel kritischeren und gesellschaftsorientierteren Ansatz verfolgten. Je nachdem, ob Maren noch zu einem kurzen RoundUp kommt, wird es dort eine Auflistung aller Fragen geben.
Die Diskussionen selbst hier nun ein weiteres Mal zu spiegeln wäre natürlich super, ist bei der Fülle an Ansätzen jedoch nicht so ganz machbar. Schade eigentlich. Denn spannend und lohnenswert ist und war es allemal. Aber Maren wird im Nachfass wieder alle Fragen zusammenfassen und aufbereiten.
Edit (23.01.12, 08:02 Uhr): Das ging fix. Maren hat die Aufbereitung bereits abgeschlossen und in einem wunderbar ausführlichem Beitrag nicht nur alle Fragen der Session in thematische Blöcke geordnet, sondern auch noch einen Rück- wie auch Ausblick auf die Diskussionsrunde und die Ergebnisse gegeben.
Session 2: Social Media München
Für Barcamp-Neulinge gilt eine ungeschriebene Regel: Beim ersten Barcamp hälst du eine Session (wenn du magst). Umso schöner, dass sich Margarete Arlamowski, die sich um die Kanäle der Stadt München kümmert (Twitter, Facebook), bereit erklärt hat ein wenig über die Pläne, Probleme und Möglichkeiten der Online-Kommunikation der Stadt zu plaudern.
So berichtet sie von den Schwierigkeiten, welche Antworten man auf welche Fragen geben darf und wo die Befugnisse der Kommunikationsabteilung aufhören, obwohl man dem User helfen könnte. Ebenso die Frage, welche Inhalte man nun mit den Fans und Followern teilt, die eine emotionale Bindung ermöglichen, in der Folge aber nicht mit dem nötigen/angewandten Engagement verfolgt werden könnten. Ohne die nötige „politische Position“ innerhalb des Hauses führt selbst das Liken anderer Seiten auf Facebook als „München“ zu internen Diskussionen und Nachfragen, was man da eigentlich mache und ob das rechtens sei … Nicht rein Marketing getriebene Stadtkommunikation ist folglich alles, aber ganz sicher nicht einfach.
Mit anwesenden Kommunikatoren wie ehemaligen Betreuern der Initiativen Isarnetz oder auch den Kanälen der Stadt Hamburg entwickelten sich dann interessante Gespräche über Probleme, die sich dauernd zu wiederholen scheinen. Wer hat die Hoheit über den Account? Welche Zielgruppen sind überhaupt interessant?
Was dann tatsächlich aufhorchen ließ: Nach einer Umfrage unter den knapp 340.000 Fans auf Facebook kam „Maggie“ zu dem Ergebnis, dass das Gros der Anhänger gar nicht aus München kommt, sondern Besucher und Touristen sind, die München als Stadt lieben. Die Einheimischen, Zugereisten und ehemaligen Münchner stellen in der Kommunikation zwar die erste Adresse, doch das größte Feedback kommt von außerhalb.
Ebenfalls gut zu wissen: Im Gesamtbild kommen aktuell gute 30 Prozent des bisherigen Traffics von muenchen.de über Facebook rein – Aufgabe Traffic-Steigerung erfüllt, könnte man also sagen. Doch wie Community driven kann und sollte man dabei nun sein? Emotionaler Content wie Fotoband-reife Bilder von Alpenpanoramen und Co. generieren unfassbar viele Reaktionen und Interaktionen zwischen Usern und Page, während redaktionell entwickelte Inhalte mehr Nutzwert bei geringerem User-Feedback liefern. Für die Pressestelle und Redaktion der Mainpage nach wie vor schwer zu verstehende Umstände, die man immer noch verdauen muss.
Mittagspause
Mal sehen, ob ich heute etwas kriege 😀 [Update: Diesmal war ich glücklicher]
Um 14.00 Uhr geht’s weiter.
Session 3: Social Network Games – Farmville & Co.
Wir kennen es. Wir mögen es nicht. Manche hassen es sogar. Man meldet sich bei Facebook an und wird massiv mit Spieleanfragen bombardiert. Kevin braucht deine Glücksnuss. Jacquelines Farm fackelt gerade ab, bitte lösche sie. Chantals digitaler Welpe ist davon gelaufen … Für Außenstehende, die eine Aversion gegen die „Zeitverschwendung“ Social Network Games entwickeln ist es der pure Horror. Es kommen immer neue Spiele hinzu und der Fluss an Anfragen scheint nicht abzureißen.
Für Olivia Adler, die diverse Gaming-Erfahrungen gesammelt hat, sind diese Argumente allesamt nachvollziehbar, doch sie sieht es auch aus einer anderen Perspektive: „Social Network Games können eine soziale Klammer und Komponente darstellen, um mit anderen (wieder) in Kontakt zu treten.“ – Mit dem Aspekt des eigenen Social Graphs liegt sie damit gar nicht so falsch, findet man doch Freunde wieder, mit denen man vielleicht keinen regen Kontakt oder Austausch pflegt, die aber ganz hilfreiche Nachbarn bei Farmville oder Cafe World sind, um Challenges zu lösen.
Ebenfalls nicht zu verachten: Der emotionale und soziale Aspekt, den Network Games vorantreiben können. Man erinnere nur an die Charity-Implementierungen von Farmville nach dem Erdbeben/Tsunami und Reaktorunglück in Japan. Schließlich investieren viele Spieler enorm viele Ressourcen in Games und bauen eine Bindung zu einem digitalen Gut auf, das wieder in die Offline-Welt wirken kann (vom Bezahlen digitaler Waren mit echtem Geld bis hin zu Spenden usw.).
Problematisch wird es jedoch, sobald aus der Begeisterung für ein Hobby eine Leidenschaft wird, die Leiden schafft, da nur noch Mehraufwand und Zeit flöten gehen, die Stunde um Stunde fressen, um den nächsten digitalen Taler zu erwirtschaften. Was uns aber auch zu einer Ebene des Meta-Gamings führt, auf der man die Muster und Prozesse eines Spiels dermaßen analysiert, dass man dies wieder umgehen kann. Ein Beispiel hierfür ist die Tabelle von Ralph Hunderlach, der Cafe World im März 2010 bereits so weit auseinandergenommen hat, um den Aufwand durch Rumprobieren zu minimieren und den Ertrag zu maximieren. Das killt vielleicht das Micro-Gameplay per Click by Click, zeigt aber, dass man sich auch ganz nüchtern außerhalb des Kontext bewegen kann, um wieder einen Schritt nach vorn zu machen.
Doch woher kommt nun die Motivation für dieses oder jenes Spiel? Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit als spielerische Abfallprodukte können bei Empire Avenue ein Anreiz sein. Der digitale Ersatz für den fehlenden Garten könnte Farmville erklären. … Die Liste ist wahrscheinlich endlos erweiterbar, aber den wirklichen Sinn kann man wohl nur selbst als Spieler erkennen und Außenstehenden nicht mehr rational erklären, sofern man nicht „Spieltrieb“ als Motor angibt.
Session 4: Diskussionsrunde zum @barcampsport, dem Barcamp für Social Media und Sport
Surprise, surprise, ich halte eine Session zum geplanten Barcamp Sport. Ein ausführlicher Afterglow folgt separat dazu auf Posterous (nicht irritieren lassen, nur weil der letzte Beitrag zwei Monate her ist – im Hintergrund wird eifrig gewerkelt).
In der Kurzform liest sich der Rückblick wie folgt: Interessierte Teilnehmer, gute Fragen und Ansätze, die es für unsere weiteren Planungen zu berücksichtigen gilt, und angeregte Diskussionen, wo die Vereine, Verbände und Co. in puncto Online-Kommunikation denn stehen.
Abschluss
Die finale fünfte Session fällt weg, da es noch Besuch zum Bahnhof zu bringen gilt. Drum danke ich an dieser Stelle allen Sponsoren, Helfern, Organisatoren und Teilnehmern, die dazu beigetragen haben dem Barcamp München einen so netten Touch zu geben und das Barcamp-Jahr so angenehm starten zu lassen! Danke!
Nachtrag am 24.01.2012 um 22:12 Uhr: Alle weiteren Blogposts, Berichte, Fotos, Videos und sonstige medialen Begleiterscheinungen finden sich im Archiv des Barcamp Munich auf der mixxt-Site.
Hallo Daniel,
danke für die schöne Zusammenfassung!
Eine Ergänzung habe ich noch. Du schreibst: „…findet man doch Freunde wieder, mit denen man vielleicht keinen regen Kontakt oder Austausch pflegt, die aber ganz hilfreiche Nachbarn bei Farmville oder Cafe World sind, um Challenges zu lösen.“
Das gibt es zwar auch, allerdings meinte ich hier eher die Freunde/Bekannte, mit denen man zwar einen tieferen Austausch hat, aber nicht auf einer regelmäßigen Basis (insofern stimmt „rege“), einfach weil man sich nicht wie Kollegen, WG-Bewohner, Vereinskameraden o. ä. regelmäßig über den Weg läuft. Mit wievielen unserer Freunde/Bekannten telefonieren wir z. B. wirklich täglich, einfach so, ohne konkreten Anlass?
Die Spiele schaffen hier einen niedrigschwelligen Anlass (wie die Stammkneipe), weil sie kein spezielles gemeinsames Interesse (gemeinsame Arbeit, gemeinsames Hobby) voraussetzen, aber dafür sorgen, dass man täglich miteinander in Kontakt gebracht wird und bei der Gelegenheit wie in der Kaffeepause in der Arbeit auch über andere Themen ins Gespräch kommt. Das Spiel ist nur der zwanglose Anlass, jeden Tag aufs Neue die Verbindung herzustellen und dabei nach meinen Erfahrungen wirksamer als das bloße Posten von News, weil die oft nur aufgenommen werden, ohne dass reagiert wird, weil eine Reaktion häufig nicht nötig ist, während das Spiel zur Lösung von Aufgaben häufig eine Reaktion erfordert. Insofern würde ich Spiele als gemeinsame „Miniprojekte“ bezeichnen – wie es Kinderspiele ja auch sind. Früher haben wir Cowboy und Indianer gespielt und gemeinsam ein Lager gebaut, heute bewirtschaften wir halt unsere virtuelle Farm-Kooperative. (Ein längerer Artikel zu dem Thema wird noch folgen.)