Advertorial-Fettnäpfchen: SZ geht mit iPhone-App-Werbung vorerst baden

Es ist der Aufreger des Morgens: Die Süddeutsche Zeitung hat nach Angabe von Jan Tißler vom UPLOAD-Magazin mehrere Blogger über den Anbieter Trigami dazu veranlasst „zu 100 Prozent positive Postings“ über die neue iPhone-App der SZ zu verfassen.

Der Schweizer Service vermittelt Advertorials zwischen Unternehmen und willigen Bloggern, die gegen ein kleines Entgelt ihre Meinung zu ausgewählten Produkten verfassen können. Das nicht zu verachtende Detail: Die auftraggebenden Unternehmen können vorgeben, wie der Tenor des Postings ausfallen soll.
Im aktuellen Fall entschied man sich von Seiten der Zeitung für die absolut positive Variante und ließ den jeweiligen Bloggern zur Sicherheit auch gleich die Vorteile der SZ und ihrer Applikation im Anschreiben zukommen.

Nun bleibt die Frage, wie groß das Fettnäpfchen nun ist, in das die Süddeutsche Zeitung, die – welch Ironie – in der Vergangenheit vor allem durch eine nicht zwingend internetfreundliche Grundeinstellung von sich reden machte, mit dieser Aktion getreten ist.

Vertrauen in das eigene Produkt sieht ganz bestimmt anders aus, aber das sei nun einmal dahin gestellt. Eher interessiert die Analyse des Vorgehens.

Blogpostings, die auf eine Ausschreibung von Trigami zum Produkttest zurückgehen, werden im Normalfall meistens von den Autoren der Weblogs als solche gekennzeichnet, um die Stammleser über die Hintergründe des Beitrags aufzuklären. Dies geschieht allerdings von Blogger zu Blogger unterschiedlich deutlich (mal als kleiner Teaser über dem Beitrag, mal erst als kleiner Vermerk am Ende des Artikels). Ebenfalls nicht wirklich ersichtlich ist in diesen Fällen die Beeinflussung des Unternehmens, ob man seine freie Meinung äußern darf oder sich doch in einem sehr engen, vorgefertigten Gatter bewegen muss.

Wirklich geglückt ist dieser Schritt somit also ganz bestimmt nicht. Das eigene Produkt auf diese Art und Weise bewerben lassen zu wollen ist ein weiteres klares Zeichen dafür, dass man die Funktionsabläufe des Internets nicht zwingend verstanden hat und bei Fehltritten die entsprechende Quittung bekommt. In diesem Beispiel wird die bewusste Manipulation der Kunden-/Autorenmeinung kritisiert, während man in den vorgelegten Vorteilen der App und SZ an sich auf die unabhängige Meinung des Blattes hinweist. Ein wunderbarer Wiederspruch in sich…

Edit I: Das Marketing der SZ hat sich auf UPLOAD zu Wort gemeldet und will reagieren: http://bit.ly/6IlGYc

Und via @clab bin ich gerade eben auf diesen Beitrag vom Werbeblogger aus dem April 2007 gestossen.

Edit II: Nach der SZ hat sich nun auch Trigami sehr detailiert und umfangreich geäußert und darauf hingewiesen, dass es sich ganz klar um einen internen Absprachefehler handle, da man von Seiten der Süddeutschen Zeitung die auf Meinungsfreiheit basierten „Text-Reviews“ angefordert, allerdings die abgestimmten Advertorials bekommen habe.

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