Wenn Athleten zwitschern…

… dann wird den meisten Vereinsführungen Angst und Bange.

Neuestes Mitglied in der mittlerweile langen Reihe der Twitter- und Facebookverbieter ist seit heute Vormittag der englische Premiere League-Klub Manchester United, der seinen Kickern Wayne Rooney, Ryan Giggs und Rio Ferdinand nahelegt, ihre Userkonten in den Social Networks zu löschen. Der Grund: Die eigenen Meinungen und Ansichten der Akteure könnten sich nicht mit denen des Vereins decken.

Doch die „Red Devils“ sind bei Leibe nicht der einzige Fall dieser Art. Allen voran sind es die großen US-Sportligen der NBA (National Basketball Association) und NFL (National Football League), die jüngst sehr explizite Erweiterungen ihrer Medienregularien, zu denen sich jeder Verein und somit auch Spieler verpflichten muss, aufgesetzt haben, die sich direkt mit dem Phänomen „Social Media“ befassen.

Auslöser in der NBA war das sogenannte Twittergate, als Alvin Gentry von den Milwaukee Bucks in der Teamumkleide während der Halbzeitansprache seines Coaches zwitscherte und – je nach Betrachtungsweise – geheime Details der Taktik verriet.
In der Folge erließ NBA-Boss David Stern ein striktes Twitterverbot für einen Zeitraum von 45 Minuten vor, während sowie kurz nach den Spielen, das für alle Beteiligten und Angestellten der jeweiligen Vereine gelte, um jeden Betrugs- und Korruptionsverdacht durch das Ausplaudern von (gewinnbringenden) Informationen zu unterbinden. Schließlich ginge es in jeder Sekunde, in denen sich die Spieler der Öffentlichkeit präsentierten, auch um das Image der Liga.

Mit einem ähnlichen Argument wurde den Teilnehmern der US Open in New York bereits im August/September 2009 nahegelegt auf Twitter zu verzichten. Für leidenschaftliche Nutzer wie Tennisspieler Andy Roddick stellte dieser Form der Bevormundung das Absprechen des gesunden Menschenverstandes der Teilnehmer da. „Das wäre doch der letzte Ort, wo ich Insider-Informationen platzieren würde, oder? Auf einer öffentlichen Seite, wo sie alle sehen können…„, argumentierte er auf einer Pressekonferenz vor dem Turnier.

Was die Veranstalter, Vereine und Ligen fürchten sind allerdings nicht nur mögliche Imageverluste oder Korruptionsverdacht, sondern vor allem den Kontrollverlust im für sie, wie für alle anderen auch, nur schwer zähmbaren Social Web. In einer Welt, in der jeder eine eigene Meinung äußern und publizieren kann, gibt es eine Vielzahl von Ansichten, die konträr zu den Vorstellungen der großen Sportvereine und -organisationen laufen und sich nicht wie eine offizielle Pressemeldung der Vereine mit einem Anruf nachbearbeiten bzw. glattbügeln lassen. Vor allem in den Vereinigten Staaten, in denen sich die Basketball-, Football- oder auch Baseballligen in den letzten zwanzig Jahren nur mit großem medialen Aufwand und finanziellen Kraftakten ein absolut sauberes Liga-Image aufbauen konnten, legt man großen Wert auf ein einheitliches, abgesprochenes Auftreten in für die Medien (u.a. gelten für NBA-Spieler auf dem Weg zu Spielen und Presseterminen klar definierte Dresscodes, die das einstmals verbreitete Gangster- und ja, auch Zuhälterbild der Spieler mit Goldkette und Pelzmantel in das der hochdisziplinierten Sportsmen mit Stil ändern sollen).

Die NFL ging vor dieser Saison sogar noch einen Schritt weiter und verabschiedete nicht nur ein Twitterverbot für Spieler und Betreuer, sondern gab den Fans auch gleich noch ein Benimmpaket für das Netz mit auf dem Weg, um sich nicht nur möglichst zivilisiert zu Spielen und Spielern zu äußern, sondern zum Beispiel auch auf das üppige Hochladen der mit ihren Handykameras aufgenommenen Spielsequenzen zu verzichten. Schließlich gingen der Liga durch die Beteiligung dieser „ProdUser“ als konsumierende, aber auch im Web publizierende Teilnehmer erhebliche Mehreinnahmen verloren.

Dass es gerade diese Interaktionen der Sportler mit ihren Fans und der Fans untereinander ist, die über den Longtail erst recht für neue Märkte und finanzielle Zuwächse der Ligen und Vereine sorgen, ist den Bossen dabei zumeist aber nur bedingt bewusst, obwohl sie ihre „Unternehmen“, als die jede Liga mittlerweile geführt wird, über eben jenen Social Media-Einsatz (überaus zielsicher und erfolgreich, wie man sagen muss) in das neue Kommunikationszeitalter führen.

Radprofi Lance Armstrong entdeckte Twitter wiederum als Medium zur Selbstvermarktung mit der Möglichkeit auf kleine Seitenhiebe gegen all seine Zweifler und Dopingverdächtigungen. Der mehrmalige Tour de France-Sieger nutzt seinen Account des öfteren nicht nur zur Kommunikation mit seinen Fans, sondern auch um den Dopingkontrolleuren des Radsportverbands seinen stets geforderten Aufenthaltsort „durchzugeben“.

Interessant wird im neuesten Fall von Manchester United vor allem die Reaktion von Abwehrrecke Rio Ferdinand sein, der sich abseits des Fußballplatzes nämlich mittlerweile als gefragter Meinungsmacher und sportlicher Marketingpionier etabliert hat und dabei insbesondere auf die Wirkung des Internets setzt.

2 Kommentare

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