Blogparade: Blog ’n Roll – Rettet die Blogroll

Der Blogger, das unbekannte Wesen. In einer für Außenstehende oft nicht verständlichen Welt hat er sich einen ganz eigenen Kosmos aufgebaut, der von der Vernetzung mit anderen Bloggern lebt. Man besucht einander im Digitalen, schreibt Beiträge und Kommentare, kommuniziert auf allen möglichen anderen Ebenen miteinander. Man nennt es die Blogosphäre, die ebenfalls ihre ganz eigenen Regeln hat … Gemäß Trainer-Legende Dragoslav Stepanovic könnte man jetzt allerdings auch sagen: Blogosphär‘ haben immer eigene Gesetze! Und so ist es auch.

Denn so, wie man sich auf einer Party untereinander vorstellt und im Gespräch auf andere nette Menschen verweist, die gleiche Interessen haben und für beider Netzwerk und Co. hilfreich und nützlich sein können, so hat man früher auch auf dem eigenen Blog via Blogroll auf andere interessante Blogger verwiesen.

Tim Krischak, den ich netterweise in Berlin im Rahmen der re:publica endlich einmal kennenlernen konnte, ist aber aufgefallen, dass diese Höflich- und Nettigkeit immer öfter aus den Blogs, durch die er so streift, verschwunden ist. Und so hat er sich seine Gedanken gemacht, warum das so ist. Doch da viele Köpfe auch viele Gedanken hervorbringen, beschränkt er seine Überlegungen nicht auf sich alleine, sondern holt uns mit seiner Blogparade alle mit ins Boot, um nicht nur die Frage nach dem Verschwinden der Blogroll zu beantworten, sondern dieses im besten Fall auch zu stoppen oder gleich zu verhindern.

Eine Blogroll? Warum das denn?

Wie schon angedeutet, ist die Blogroll mehr als eine höfliche Geste oder Nettigkeit gegenüber anderen Bloggern. Sie war ist Ausdruck der Wertschätzung eines anderen Ins-Web-Schreiberlings, da man nicht nur in flüchtigen Postings auf die Qualitäten des anderen hinweist, sondern diesen mittels Blogroll permanent auf der eigenen kleinen Präsenz vorstellt. Diese „öffentliche Linksammlung“, wie die Wikipedia sie nennt, war einmal ist ein integraler Bestandteil, um den eigenen Lesern nicht nur eine Empfehlung zukommen zu lassen, sondern auch Orientierung in den Weiten des Netzes bieten zu können. Wer sich bei mir in der Sidebar umsieht, wird merken, dass es eine Menge Leute gibt, denen ich auch auf diesem Wege meine Aufwartung zukommen lasse.

Ich hatte mit Tim in Berlin bereits schon einmal über die Frage gesprochen, warum die Blogroll eigentlich nach und nach auszusterben scheint. Und da die Frage, warum das so ist bzw. sein könnte, möchte ich euch meine Gedanken dazu nicht vorenthalten und werfe dafür drei Ansätze in den Raum, die wir hier gerne diskutieren können.

Erstens: Blogs sterben langsam aus und Twitter und Facebook sind schuld daran. Okay, die These ist ziemlich spitz formuliert, aber wir alle merken an unserer eigenen Webnutzung, dass das Bloggen bei vielen von uns mit dem Aufkommen von Twitter und Facebook stark nachgelassen hat. Sind wir früher von den uns bekannten Blogs wie von Insel zu Insel gesprungen, können wir uns mit den neuen Optionen von einem guten Beitrag zum nächsten treiben lassen und lernen dabei immer wieder neue Leute kennen, ohne die alten zu vergessen. Überhaupt hat sich die Philosophie des Durch-das-Web-Treibenlassens stark gewandelt. Wir treiben nicht mehr, wir suchen direkt oder lassen uns mit guten Inhalten beliefern. Das Stöbern nach Neuem hat meiner Meinung nach stark abgenommen.

Zweitens: Man kennt sich bereits und braucht keine Orientierung mehr – die Folge aus Erstens. Kennt man erst einmal seine Spezis, dann sucht man diese nicht mehr über Blogrolls auf, sondern besucht sie direkt oder liest sie über den Reader. Wie gesagt, das einstige bunte Treiben hat ein Ende (oh, wie schön doppeldeutig).

Drittens: Es handelt sich um eine alte „Tradition“. Eine Tradition, die heute nicht mehr allzu viele kennen, die frisch mit dem Bloggen anfangen und das Vernetzen nicht mehr lernen müssen, weil sie es aus anderen Sphären bereits kennen. Ich bin jetzt seit Anfang 2007 dabei und habe es nicht anders kennengelernt. Eine Blogroll zu führen war damals so selbstverständlich, wie mit stilvoller Kleidung aus dem Haus zu gehen. Beides trifft man heute immer seltener an. Man nennt es wohl „mit der Mode gehen“.

Viertens: Auch das Auge ist schuld. Oder besser gesagt die ganzen Blogsysteme, die eine „schlanke Linie“ ermöglichen. Posterous, tumblr, stylishe WordPress-Themes usw. rücken das Design immer mehr in den Vordergrund, um den Inhalten einen ansprechenden Rahmen zu bieten. Eine ellenlange Blogroll schadet der Optik in diesem Fall nur. Lasst uns ehrlich sein: Bei der Entscheidung zwischen tollem Design und Blogroll würden die meisten der Präsenzfunktion, die ihr Blog inne hat, den Vorzug geben.

Und ja, die Blogroll dient – ganz kalt und nüchtern betrachtet – auch dem Linkbuilding, um Google mehr als milde zu stimmen, wenn es um die Suche nach dem eigenen Blog geht.

Gern gelesen

An diesem Punkt bittet Tim darum ein paar der eigenen Blogroll-Perlen näher vorzustellen, um den ein oder anderen eben doch auf den Nutzen der Blogroll aufmerksam zu machen und aufzuzeigen, dass sich ein genauer Blick in die „Lieblinks“ des Autoren durchaus lohnen können. Ich habe mich wahnsinnig schwer getan mich auf gerade einmal drei Blogs zu beschränken, aber den Cut haben der sportmanager, saysaysay und Healthcare meets Social Media geschafft. Warum? Ganz einfach.

der sportmanager kombiniert das, was meiner Meinung nach absolut zusammengehört, weil es kaum eine bessere Versinnbildlichung von Dynamik, nachhaltiger Schnelllebigkeit (ja, dieser Gegensatz funktioniert durchaus) und Emotionalität geben kann, als das Zusammenspiel zwischen Sport und Social Media. Jonathan Müller schafft es diese beiden Welten ideal miteinander zu verknüpfen und die Entwicklungen der Szenen unter die Lupe zu nehmen. Die Beispiele und Ideen, die er dabei immer wieder aufs Neue hervorzaubert, sind allemal einen regelmäßigen Blick in sein Blog wert.

Gleiches gilt auch für saysaysay von Kai Fischer, der sich sehr intensiv mit der Verknüpfung von Social Media, Technik und Kommunikation mit Einfluss auf sein Leben auseinandersetzt. Dabei verbloggt er so ziemlich alles, was ihm gerade durch den Kopf geht oder vor die Flinte kommt. Im Gesamtbild ergibt sich daraus ein bunter Strauss an Inhalten, der mich zumindest regelmäßig zu überraschen versteht.

Eine ordentliche Überraschung – und zwar im positivsten Sinne – ist das Blog von Anja Stagge, die sich einer Themenkombination widmet, die ich im Gegensatz zur Kombi Sport/Social Media bei Jonathan viel weniger erwartet hätte. Anja hat ihren Fokus mit Healthcare meets Social Media auf den Einsatz von sozialen Medien im Gesundheitssegment gerichtet. Die innovativen Kräfte und Entwicklungen, die sich in Healthcare auftun, hatte ich so in keinster Weise erwartet und erst durch Anjas Schreibarbeit kennengelernt. Insbesondere der Aspekt, das einst nur passive Patienten mit dem Einsatz von Social Media zu aktiven Konsumenten werden und Prozesse nicht nur mitbestimmen, sondern auch beeinflussen können, wird in ihren Beiträgen klar und verdeutlicht das Potential, das dort noch schlummert.

Ja, das sind sie, meine drei Favoriten von vielen aus meiner Blogroll. Doch das soll nicht das Ende des Artikels sein. Nicht, ehe ich euch ebenfalls zur Teilnahme aufrufe, um euch ein paar Gedanken zum Thema Blogroll gemacht zu haben.

Die Blogparade läuft noch bis zum 12. Mai und jeder, der teilnehmen möchte, ist nicht nur von Tim, sondern auch von mir herzlich dazu eingeladen. Aus allen eingehenden Beiträgen wird später ein großer Artikel entstehen, in dem sich Tim mit den Antworten und Gedanken von uns allen auseinandersetzen wird. Also, gebt dem Jungen was zu tun 😉

5 Kommentare

  1. Daniel, ein Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen, als ich dein Lob hier gelesen hab. Das freut mich natürlich riesig und gibt mir mal wieder einen Grund dir den Ball zurück zu spielen.

    Jetzt ist es nicht ganz ein Jahr her, dass ich mein Blog gestartet habe. Ich kann mich noch gut daran erinnern wie ich spontan (und mehr schlecht als recht) die BBL-Finals deines damaligen Brötchengebers via Social Media verfolgen wollte.

    Nicht lang hat es gedauert und Du hast den Artikel entdeckt und in den Comments mit Leben gefüllt. BTW: Das gilt übrigens für viele andere Posts auch. Deshalb auch dafür mein Dank an Dich. Auf weitere Jahre, viele Comments und vor allem spannende Links in der Blogroll

    Grüße nach MUC
    Jonathan

  2. […] Für Daniel Rehn ist die Blogroll mehr als eine nette Geste gegenüber anderen Bloggern. Sie ist Ausdruck der Wertschätzung und dient zugleich der Orientierung in den Weiten des Webs. Daniel  fragt sich, ob es möglicherweise Facebook und Twitter sind, die heute einen Teil dieser Orient…. […]

  3. […] in einer Blogparade hervorheben wollen, als er seine Leser und bloggenden Bekannten darum bat sich in einem Beitrag zur Rettung der Blogroll zu äußern. Die Aktion war ein großer Erfolg und Heidenspaß, da man am Ende eine Vielzahl […]

  4. […] in einer Blogparade noch, was eine Blogroll ist und ob sie für Blogs wichtig ist. Der Beitrag, den ich damals schrieb, ist immer noch einer meiner Lieblinge. Aber in letzter Zeit wird es immer schwieriger eine gute […]

  5. […] noch, was eine Blogroll sei und ob sie für Blogs wichtig ist. Der Beitrag, den ich damals schrieb, ist immer noch einer meiner Lieblinge. Aber in letzter Zeit wird es immer schwieriger, eine gute […]

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