Pinterest: Alles so schön bunt hier

Ich will ehrlich sein. Ich habe eine Weile gebraucht, ehe ich der Invite* von Christopher nachgekommen bin, um mir Pinterest anzusehen. „Klingt spannend, aber im Moment sehe ich da keinen Bedarf“, so dachte ich. Letzte Woche nahm ich mir dann fünf Minuten für die Anmeldung und einen ersten Blick. Zumindest war das der Plan. Nach einer Stunde klinkte ich mich begeistert aus, um vom Rest des Tages noch etwas zu erleben – und eben diese restliche Zeit in Bildern zu denken.

Was ist Pinterest? Für alle, die es noch nicht kennen: Pinterest ist ein soziales Netzwerk, das sich einzig und allein auf die visuelle Ebene konzentriert. Nutzer können Bilder, die ihnen gefallen, „pinnen“ und somit an eine große digitale Pinnwand hängen, sortiert nach Boards für Vorlieben, Likes vergeben, kommentieren und anderen Nutzern folgen. Es ist eine wilde Kreuzung aus Twitter (Freunden und Fremden folgen und verfolgt werden, ohne zurückfolgen zu müssen), Facebook (Social Networking) und flickr bzw. YouTube (Fokus auf visuellen Content – auch Videos können gepinnt werden). Und trotzdem ist es anders.

Bildhaftes Kennenlernen im Ganzen oder nur per Themenfokus

Seit der ersten Stunde habe ich einige weitere darin investiert, um mich durch fremde Boards, Themenbereiche und die Public Timeline zu wühlen. Warum? Weil Pinterest eine unbändige Lust am Schauen befriedigt, wie es ZEIT Online so schön formulierte. Man beginnt beim Surfen durch die Boards von Freunden und Fremden nicht einfach nur ihre Vorlieben zu entdecken, sondern auch Sichtweisen und Perspektiven visueller Natur zu verstehen. So, wie man früher Rückschlüsse aus den Büchern im Regal eines Menschen zog, um ihn kennenzulernen, oder (in meinem Fall sehr gern genommen) die DVD-/Filmsammlung zur Verortung der Persönlichkeit nutzt, ermöglicht Pinterest einen bildhaften Zugang zu jemandem.

Inhalt vor Design vor Technik, die trotzdem begeistert

Der Service selbst bildet dabei einen schlichten, aber sehr angemessenen und schönen Rahmen, der sich einzig um die Darstellung seiner Inhalte schert. Was zählt, ist das Bild.

Auf technischer Ebene gibt es sicher noch Optimierungsbedarf, aber auch schon ganz hervorragende Ansätze. Die Suchfunktion ist noch etwas unzuverlässig und die Unart jede Bewegung per Default in die verknüpften Netzwerke zu pushen ist bis zum Switch etwas anstrengend, doch die Möglichkeit einer Person komplett mit all ihren Vorlieben oder nur einem einzigen Board zu folgen ist grandios. Die wegweisende Selektion bestimmter Themengebiete erinnert an das Abonnieren eines einzelnen, themenbezogenen RSS-Feeds bei breit aufgestellten Blogs. Ich hole mir, was ich holen will. Nicht mehr, nicht weniger, genau passend.

Eine Bühne für Selbstdarsteller ohne Geschäftsmodell und mit Copyright-Problemen?

Doch was macht Pinterest nun so interessant? Es hat kein erkennbares Geschäftsmodell (muss es als Beta aber auch noch nicht) und dennoch sind bereits über 100 Unternehmen und Marken im Netzwerk vertreten, die darauf warten einen Game Changer für Retail, Commerce und Content-Lieferung entdeckt zu haben. Auf der anderen Seite stehen rege Diskussionen über vermeintliche Copyright-Probleme, da das Repinnen von Bildern aus dem ganzen Web durch den „Pin it“-Button zwar kinderleicht, aber rechtlich je nach Sichtweise nicht ganz sauber scheint. Nicht immer ist der Backlink zur Quelle gesichert und nicht jeder Künstler wie Traffic-Bringer dürfte darüber erfreut sein nur als Zulieferer verstanden zu werden, ohne etwas davon zu haben. (Facebook blockt den „Pin It“-Button innerhalb des Netzwerkes zum Beispiel direkt).

Es ist eine self expression machine, wie Techcrunch schreibt, um allen vermeintlichen Selbstdarstellern eine Bühne zu geben, birgt aber auch eine Vielzahl an informativen Grafiken, wenn man (wie bei Twitter) den richtigen Leuten folgt bzw. ihre Repins, sprich die weitergeleiteten Pins, aufgreift. Wie so oft gilt: Der Service ist, was du daraus machst.

Tolles Tool für Zerstreuung, Prokrastination, Inspiration und Serendipität

Was Pinterest für mich so reizvoll macht ist sein enormes Potential zur Zerstreuung. Warum lesen wir im Wartezimmer beim Arzt die ganzen Boulevard-Blättchen der Yellow Press und die Lifestyle-Hochglanzmagazine? Um uns ein wenig abzulenken. Um die Gedanken schweifen zu lassen und beim Betrachten eines Fotos zu denken „Das ist schön“.

Und genau das ist Pinterest für mich. Ein unbegrenztes Sammelbecken an schönen Dingen, gebannt auf Bildern, die ich mir jederzeit ansehen kann, durchblättere, verweile, sie betrachte und bei Bedarf bei Seite lege, um mich später daran zu erinnern, dass in dieser Schönheit Inspiration lag, die ich abseits aller Information brauche.

Leider hatte ich noch nicht die Gelegenheit Pinterest auf einem Tablet/Pad testen zu können, aber ich will so weit gehen, dass ich sage, mir allein deswegen endlich ein Tablet anschaffen zu wollen. Bis dahin harre ich der Dinge und warte auf eine Android-Version von Pinterest, um im Kleinen blättern, suchen und staunen zu können.

PS: Was Invites betrifft: Wer eine Einladung zum Ausprobieren haben möchte, der meldet sich einfach in den Kommentaren, per DM auf Twitter oder einem anderen vielen Wege bei mir. Ich hole euch gerne dazu 😉

PPS: Ihr findet mich unter pinterest.com/danielrehn

Nachtrag (05.02.2012 um 14:58 Uhr): Zum Thema Geschäftsfeld hat sich Olaf Kolbrück ein paar Gedanken gemacht, die man im eCommerce-Segment ernst nehmen sollte. Unter „Wie eine Pinnwand den Konsum im Web anheizen kann“ geht er den Möglichkeiten nach, die das kataloghafte Design und Handling mit sich bringen können, ergänzt durch Webshop-Optionen im Beitrag „Da entsteht ein Massenmarkt

Nachtrag (05.02.2012 um 18:33 Uhr): Kai Thrun hat ebenfalls ein paar Überlegungen eingestreut, die sich mit dem aktuellen Stand gemäß Gartner Hype Cycle auseinandersetzen und mögliche Geschäftsmodelle aufzeigt.

Nachtrag (05.02.2012 um 23:12 Uhr): Ina Steinbach ist nicht nur ein großer Fan von Pinterest, sondern hat sich auch mit der Zielgruppe bzw. den aktuellen Nutzern beschäftigt. Dass sich aktuell (im Gros in den US of A) 80 Prozent Frauen bei mittlerem Einkommen und Bildungsniveau auf Pinterest rumdrücken ist ausgesprochen spannend, tun sich doch damit ganz besondere Kommunikationsmöglichkeiten für Unternehmen auf. Ebenso berichtet sie darüber, wie unverbindliche Meinungen von fremden, aber ästhetisch orientierten Usern auch Einfluss auf ihre Entscheidungen haben können. Ein ebenfalls interessanter Netzwerkeffekt, wie ich finde.

Nachtrag (06.02.2012 um 12:07 Uhr): Nach der Begeisterung kommt oftmals der Blick auf die eigentliche Rechtmäßigkeit des Spaßes. Thomas Schwenke sieht bei den rechtlichen Grenzen des Teilens und Verlinkens auf Pinterest einige Stolperfallen, die den Nutzer schnell bei ausschweifenden Verstössen in die Bredouille bringen können. Carsten Ullbricht hat hingegen die Betreibersicht unter die Lupe genommen und kommt zu dem Schluss, dass Kuratierungsangebote wie Pinterest oder Storify kein direktes Problem mit dem Urheberrecht haben. Die wichtigste Aussage beider rechtlichen Artikel ist aber, dass das Urheberrecht an die neuen Techniken und Möglichkeiten des Netzes angepasst werden muss, um zeitgemäß zu bleiben und unverhältnismäßige Strafen auszuschließen.

26 Kommentare

  1. Interessanter Blogbeitrag – Zerstreuung. bitte schicke mir eine Einladung
    vielen Dank und schönen Sonntag

    1. Hi Martin, Danke für deinen Kommentar. Die Einladung müsste dich mittlerweile erreicht haben 😉

  2. Nicht, dass wir nicht schon genügend Möglichkeiten zur Zerstreuung hätten, aber Photos sind IMMER gut 😉 da bin ich leider total anfällig für…hach ja, muss ich mir das wohl mal anschauen…danke schön 😉

  3. Ja, Pinterest ist wirklich toll und ich kann auch gar nicht mehr aufhören, Bilder anzuschauen und sie zu pinnen. Aber was die iPhone/iPad-App angeht, bin ich nicht so begeistert. Sie ist zum Konsumieren und Repinnen ganz toll, aber das Selbst-Pinnen fehlt z.B. Es wird also Zeit für eine App, die die Möglichkeiten eines Tablets richtig nutzt und nicht nur die abgespeckte Smartphone-Version. Generell glaube ich, dass Pinterest perfekt fürs Tablet geeignet ist – Bilder und Tablets passen einfach zusammen…

    1. „Bilder und Tablets passen einfach zusammen …“ – Genau so ist es! Wie gesagt, ich sehe mich schon in (hoffentlich naher) Zukunft mit einem Tablet auf der Couch liegen und durch Pinterest surfen 😉

  4. Hi Daniel, das klingt sehr gut! Und das mit dem Tablet sehe ich genauso;)…könnte ich vielleicht auch eine Einladung haben? Vielen dank und Gruß

  5. Sag mal, kann man denn da nur mit ´nem Facebook oder Twitteraccount rein? 😦 Ich meine, ich habe zwar beides, aber ich will die nicht miteinander vernetzen…

    1. Ich hatte dir die Einladung ja über die per Kommentar hinterlegte Mailadresse zukommen lassen. Die müsste eigentlich für den Zugriff ausreichend sein … Ansonsten kannst du die Verknüpfung über die Settings wieder auflösen, wenn du Mail und Passwort eingerichtet hast.

      1. Oh, danke! 🙂 Vor allem auch dafür, dass Du mich darauf aufmerksam gemacht hast, dass ich hier dringend was ändern musste! 😉 Das war noch eine alte Mailadresse, die ich seit Jahren nicht mehr benutze, hab ich flugs mal geändert. Vielleicht könntest Du mir nochmal eine Einladung an die neue Adresse schicken, das wäre sehr nett. Bin ja schon allein vom Reinstöbern im Fieber! 😀 Wünsch Dir einen schönen Mittwoch.

        LG

  6. Klingt super 😉 Hast du noch eine Einladung übrig? Das wäre klasse!

    1. Hey hey! Die Einladung ist an die Mail-Adresse aus deiner Angabe für den Kommentar rausgegangen 😉

  7. Hi Daniel,

    Danke für den interessanten Beitrag. Ich würde mich sehr über eine Einladung freuen. Pinterest könnte mein aktuelles transmediales Projekt VvonWatt Ideal ergänzen.
    Gruß
    Caspar

    1. Besten Dank für die lieben Worte. Ich habe die Einladung an die von dir beim Kommentar hinterlegte Mail-Add rausgeschickt. Ich hoffe, dass ist so für dich okay 🙂

  8. […] was Pinterest – gerade im Hinblick auf die steigenden Nutzerzahlen – zu einem interessanten (und sehr bunten) Produktempfehlungsnetzwerk, dass den Konsum anheizen soll, werden lassen könnte. Im […]

  9. […] tun, es oft zu laut tun. Daniel Rehn schreibt als Zwischenüberschrift in seinem Post zum Service »Eine Bühne für Selbstdarsteller ohne Geschäftsmodell und mit Copyright-Problemen?«. Selbstdarsteller – genau das könnte ein Problem werden. Nicht jeder, der etwas […]

  10. Christian · · Antworten

    feine sache. würde mich auch über eine einladung freuen.

  11. @freeinmind: Ich würde dir wirklich gerne eine Einladung an die neue Adresse schicken, aber du hast augenscheinlich die alte Add vom letzten Mal eingeworfen 😉
    Kommentiere einfach noch einmal mit der neuen Adresse im Hintergrund, dann mache ich mich gleich an die Invite.

  12. Zum Thema Geschäftsmodell gibt’s was neues, evtl. ein Update wert:
    http://llsocial.com/2012/02/pinterest-modifying-user-submitted-pins/

  13. […] Daniel Rehn über die bunte Pinterest Welt (deutsch) […]

  14. Hallo Daniel, danke für den interessanten Eintrag, jetzt hab ich Lust sofort los zu pinnen. Ich würde mich also sehr über eine Einladung freuen.

  15. danke für die Einladung. wenn du willst, schau mal vorbei, auch wenn es noch nicht so viel zu sehen gibt, aber das ändert sich sicher bald: http://pinterest.com/peperino/

  16. […] (noch nicht so gut gefüllte) Pinnwand findet ihr unter: pinterest.com/peperino   PS. Danke an Daniel für die Einladung. Wer auch eine Einladung möchte, hinterlässt einfach einen […]

  17. […] sah das Ganze und dachte mir: “Nicht schlecht!” Eine sehr feine Kampagnenidee, die meine Anfang Februar getätigte These bestätigt, dass man auch auf visueller Ebene Menschen kennenlernen und ihnen mit etwas Aufmerksamkeit eine […]

  18. […] Phantasie sind also keine Grenzen gesetzt – oder doch? Daniel Rehn, Social Media Blogger und Pinterestler der ersten Stunde schreibt in seinem Artikel […]

  19. […] im Hinblick auf die steigenden Nutzerzahlen – zu einem interessanten, konsumsteigernden (und sehr bunten) Produktempfehlungsnetzwerk werden lassen […]

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