#30u30 – Ein Rückblick

Gute zwei Wochen sind nun schon wieder vergangen, seit ich mich beim Camp #30u30 des PR Report tummeln durfte. Mit etwas Abstand sind die Gedanken noch frisch genug, um den Tag angemessen Revue passieren zu lassen, aber auch geordnet genug, um bei aller Euphorie nicht zu verklärt zu sein. Zeit, noch einmal zurückzublicken und die Veranstaltung zu kommentieren.

Es war Mitte Dezember 2012, als ich eine Mail von Nico Kunkel erhielt, dass ich eines von 30 Talenten sei, die man einen Monat später, Mitte Januar 2013, beim Camp des PR Report näher in Augenschein nehmen wollte. Ich muss sagen, ich fühlte mich auf der einen Seite geschmeichelt dabei zu sein, auf der anderen Seite hatte ich keine wirkliche Ahnung, warum ich dabei war. Ich war ehrlich gesagt ziemlich überfragt. Umtriebig, ja, das bin ich. Aber talentiert? Die Selbstzweifel, die einen Jungspund wie mich immer wieder im Griff haben, ließen diesen Terminus nicht wirklich zu. Erst im Nachhinein habe ich herausbekommen, dass ich auf Vorschlag nominiert wurde und jemand anders dankenswerterweise diese Einschätzung vornahm.

Nun aber zum Camp selbst, jedoch im Schnelldurchlauf, da ich einige Punkte später noch einmal genauer aufgreifen werde.

Ein Tag, der viel zu schnell vorbei war

Bereits am Vorabend traf sich ein Gros der 30 Teilnehmer zum gemeinsamen Plausch, Umtrunk und Essen am Jungfernstieg mit Blick auf die Alster, um sich zu beschnuppern und einander kennenzulernen. Es war der ideale Auftakt für einen spannenden Tag, den Jan-Kristian Jessen in einer Storify festgehalten hat und von Blogposts von Martin Michel und von Linda Sasse ergänzt wird, mein Interview mit den PR-Fundsachen gibt es als Topping dazu.

Der Camp-Tag der #30u30 („30 under 30) war ein Stelldichein der jungen Talente, die in den kunterbunten Räumlichkeiten von Google Deutschland in Hamburg zusammenkamen. Nach einer ausführlichen Begrüßung und einem stärkenden Frühstück in der Kantine – die gefürchteten Google Seven kommen nicht von ungefähr – wurden wir 29 (eine Teilnehmerin flog verständlicherweise dann doch nicht aus Delhi, Indien, ein) in drei Gruppen aufgeteilt, um voreinander wie auch einer Jury eigens vorbereitete Pecha Kuchas zu präsentieren. Wer sich fragt, was Pecha Kuchas sind. Es handelt sich um ein Präsentationsformat, bei dem jeder Präsentierende ein Thema seiner Wahl auf 20 Slides vorstellen kann, die alle 20 Sekunden automatisch weiterblättern. 400 Sekunden oder auch 6:40 Minuten, um all sein Geschick vor dem Publikum aufzuweisen. Die Präsentationen, die ich sah, waren allesamt stark und es gab nur unmerkliche Gefälle zwischen den Teilnehmern meiner Gruppe.

Auf die noch ausführlichere Mittagspause folgte die zweite Herausforderung des Tages. Sie war schon schwieriger. In neue Teams zu fünf bis sechs Personen zusammengewürfelt galt es zwischen zwei inszenierten Konzepten zu entscheiden und diese innerhalb einer Präsentation aufzubereiten und dem Kunden (sprich: der Jury) zu verkaufen. Eine marketing-lastige Produkteinführung auf der einen Seite, die Abspaltung eines ganzen Produktsegments vom bisherigen Unternehmen auf der anderen. Aufbereitungszeit: knappe 90 Minuten. In allen Teams rauchten die Köpfe und die Ergebnisse, die später vor versammelter Truppe gezeigt wurden, waren allesamt extrem stark, so dass der Applaus, den jeder bekam, gut tat und nicht überzogen erschien.

Doch bei allem Spaß, den man hatte, der Tag hatte dennoch einen Wettkampfcharakter, da am Ende der Veranstaltung drei aus 30 ausgewählt werden sollten, die im Frühjahr bei der Verleihung der PR Report Awards den Nachwuchs vertreten und den Preisträger unter sich ausmachen. Die Ehre wurde völlig verdient Laura Fischer, Julia Huhn und Patricia Schiel zu Teil, die uns alle in Berlin repräsentieren werden. Eine abschließende Führung durch den Google-Komplex stellte das Finale eines Tages dar, der viel zu schnell vorbei war. Aber was bleibt?

Keine Sorge um den Nachwuchs als solchen

Doch was nehme ich nun, gute zwei Wochen später, aus diesem einen Tag mit? Zum einen das Wissen, dass man sich um den Nachwuchs keine Sorgen machen muss. Zum anderen die Erkenntnis, dass – zumindest habe ich es so wahrgenommen – die oft propagierten weichen Werte für meine Generation der Arbeitnehmer tatsächlich wichtiger sind als harte Boni. Ich nehme mit, dass das Format #30u30 ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist, aber bei seiner Premiere selbstverständlich noch Kinderkrankheiten hatte. Und nicht zuletzt: Es muss trotz allem noch mehr von uns kommen, wenn wir und unsere Arbeit wahrgenommen werden wollen.

Nein, man muss sich wirklich keine Sorgen um den Nachwuchs machen. Die 28 Vertreter, die ich an diesem Freitag kennenlernen durfte, haben allesamt ihre Qualitäten. Menschlich wie fachlich. Qualitäten, die es jedem Arbeitgeber leicht machen sollten, sich bei der Wahl für einen von ihnen zu entscheiden. Ein paar sind bereits in Festanstellung und verdienen sich als Volo und Junior ihre Sporen, ein paar sind gerade erst im Begriff ihren Abschluss zu machen, dabei aber schon jetzt aktiv. Die Mischung aus Agenturlern, Studenten, positiven Querköpfen und Co., die man antraf, ist ein guter Querschnitt durch die Kommunikationsbranche und ihre Ausbildungsorte an Hochschulen, Unis und ausbildenden Agenturen wie auch Unternehmen.

Was diese Gruppe für mich so besonders machte – und somit auch stellvertretend für meine arbeitnehmende Generation herangezogen wird, wenn auch ganz subjektiv: Der Gedanke, dass wir alle in einem Wettbewerb zueinander stehen, er kam einfach nicht durch. Es gab keine Ellbogenmentalität, die etwa dafür gesorgt hätte den anderen bei der Feedback-Runde zu den Pecha Kuchas eins reinwürgen zu wollen. Die Neugier aufeinander war weitaus größer und der Wunsch voneinander zu lernen ausgeprägter als der Gedanke, wer es am Ende unter die Top 3 schaffen würde. Okay, ich will ehrlich sein: Für einen kurzen Augenblick habe ich mit mir gehadert, nicht in Berlin dabei sein zu können. Aber auch hier merkte ich schnell, dass ich nicht neidisch auf die anderen war, sondern mit mir unzufrieden. Die Freude über den Erfolg von Laura, Julia und Patricia war ungetrübt. Und so dürfte es allen gegangen sein, die schnell verstanden, dass wir Teil eines großen Ganzen waren, das nur so an diesem Tag funktionieren konnte. Die Teamarbeiten bei der Entwicklung der Konzepte und deren Umsetzung waren ein Beweis dafür. In nur 90 Minuten mit Menschen, die man höchsten seit dem Vorabend ansatzweise kannte, eine Präsentation zu entwickeln, erfordert Flexibilität, Empathie und fachliche wie persönliche Kompetenzen, die für uns Yung Guns in unserem neuen Selbstverständnis normal erscheinen. Egos wurden hinten angestellt und Aufgaben gemeinsam gelöst. Der Star ist die Mannschaft und sie hat auch noch Spaß dabei. Diese Intentionen zu bedienen war ein ausgesprochen kluger Schachzug des Formats, da sie ein Ausblick auf das sind, was wir als Nachwuchs in naher Zukunft liefern können und werden.

Das Format #30u30 als Signal

Zum Format selbst: Nun, ich brauchte tatsächlich erst einen kleinen Schubs, um mich an das Frühjahr 2012 zu erinnern. Nachdem 2011 noch Martin Höfelmann zu meiner großen Freude gewann, wurde letztes Jahr kein Nachwuchs ausgezeichnet, obwohl doch der angebliche War for Talents so heftig tobte. Die Qualität sei nicht vorhanden, um einen derart ausgelegten Preis zur Würdigung dessen zu verleihen. Die Diskussionen, die damals bei Dominik Ruisinger oder auch bei Tapio Liller geführt wurden, hallten ebenso wieder in meinen Ohren wie die Überlegungen von Stephan Fink.

Nun also die #30u30. Es war und ist der richtige Ansatz, um dem Nachwuchs eine Bühne zu bieten, die man sich verdient hat, aber auch vom Wohl der Nominierenden abhängt. Ich hatte die Gelegenheit mit Nico Kunkel, der für die Veranstaltung verantwortlich ist, kurz über die Zusammenstellung des bunten Teilnehmerfeldes zu sprechen, nachdem via Twitter Fragen aufkamen, wer wie und warum dabei war und wer nicht. Jene, die ihre Vorschläge machen durften, sind zum Teil selber Agenturleiter, Professoren, Praktiker und in sonstigen Relationen Teil der Kommunikationsszene. Sie haben nach MÖglichkeit im Geheimen Vorschläge eingereicht, um den Verdacht der Wettbewerbsverzerrung nicht aufkommen zu lassen. Denn, machen wir uns nichts vor, wenn ein Agenturchef seine eigenen Leute nominiert, weil er von ihnen überzeugt ist, dann ist das ein wunderbarer Ausdruck des Vertrauens in ihre Arbeit, würde aber von vielen nicht geduldet werden, da man ja doch nur die eigenen Kräfte auf einer solchen Bühne sehen wolle, so dass am Ende alle ihre eigenen Leute nominieren und niemandem geholfen ist. Dafür ist das Format noch zu jung und experimentell, ehe der PR Report einen komplett transparenten Nominierungsprozess hätte aufziehen können. Das kann man bemängeln, aber es ist eine Kinderkrankheit.

Ich hingegen bin froh, dass es ein so buntes Feld war, bei dem man sich – und das hat mir Nico versichert – wirklich lange den Kopf zerbrach, wen man nominiert und wen nicht. Man ging auch bewusst das Risiko ein viele talentierte und bekannte Namen innerhalb unseres kleinen großen Zirkusses außen vor zu lassen. Hätte ich eine Liste zusammenstellen müssen, ich wäre allein über den engen Kreis der Kontakte, die ich auf Twitter pflege, in nur fünf Minuten auf 50 Namen gekommen. Wo soll man da erst als Organisator einen Schlussstrich ziehen? Von daher: Chapeau für diese gelungene Mischung!

Viel wichtiger ist für mich jedoch zu wissen, dass der Nachwuchs sich einmal präsentieren durfte und die Aufmerksamkeit bekam, die sonst immer fehlte. Einmal ins Rampenlicht, zeigen, was man drauf hat, weitermachen. Das ist ein wichtiges Signal an alle, die sich frisch in diesem Job befinden. Strengt euch an. Macht auf euch aufmerksam. Tretet ins Licht.

Mehr Mut zur Sichtbarkeit … und mehr Zeit für die Arbeit an der eigenen Marke

Aber – und jetzt kommt das „aber“ – es liegt auch explizit an uns Nachwuchskräften, diesen Weg überhaupt erst zu suchen. Im Vorfeld des Camps bin ich die Liste der Nominierten durchgegangen. Mit Ausnahme von Laura Fischer, die ich durch ihren Erfolg als New Media in PRactice bei den EUPRERA Awards 2010 (!) kannte, Michael Peters, der mir via Twitter bekannt war, und Jan-Kristian Jessen, mit dem ich zusammen in Darmstadt studierte, fiel es mir schwer die weiteren Namen zuzuordnen. Der Versuch alle auf Anhieb in eine Twitter-Liste zu packen, war nicht wirklich von Erfolg gekrönt (im ersten Anlauf waren es 13 von 30, glaube ich).

Die Sichtbarkeit, mit der einige der jungen Akteure zu konfrontieren sind, ist im Vergleich zum hohen Niveau der Gruppe mit weitaus stärkeren Ausreißern versehen. Ich weiß sehr wohl um meinen Status als Exot, wenn ich bedenke, wie extrem vernetzt und sichtbar ich für einen Newbie bin. Aber genau das dürfte es in den letzten Jahren auch so schwer gemacht haben den Nachwuchs und sein Tun einzuordnen. Was man nicht sieht oder mitbekommt, das kann man nicht einschätzen. Der War for Talents, der 2012 noch deklariert wurde, er wird weitestens im Stillen geführt. Im Verborgenen. Dort, wo die Talente sind und über Empfehlung und Mundpropaganda ihrer Professoren oder Kontakte vermittelt werden. Das ist nichts Neues, hat aber meiner Meinung nach keine Notwendigkeit. Bei all dem Können, das so mancher von uns mitbrachte, ist die Zurückhaltung bei allem Understatement nicht angebracht.

Einzig der Faktor Zeit für die Arbeit am eigenen Auftritt fiel immer wieder einmal als Hemmschwelle. Dabei ist der Aufwand, den man betreiben müsste, überschaubar, wenn man weiß, worauf man sich konzentrieren sollte. Bei Lousy Pennies gab es jüngst einen wunderbaren Artikel dazu, der Journalisten in zehn Schritten aufzeigt, wie man sich zur Marke aufbauen kann. Warum nimmt sich der Nachwuchs nicht auch diese Zeit, frage ich mich dann … Vielleicht werde ich darüber noch bloggen.

Bis dahin bleib aber die Freude darüber, einer der ersten 30 gewesen sein zu dürfen, der bei den #30u30 dabei war.

ein Kommentar

  1. […] geblieben ist. Das wurde mir heute wieder bewusst, als mich die Urkunde für die Teilnahme an der Initiative #30u30 […]

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